Der Schutz unserer Grundrechte ist die Bedingung dafür, dass wir uns frei und sicher fühlen können. Wenn wir uns frei und sicher fühlen, gibt es weniger Kriminalität. Fühlen wir uns frei und sicher, haben wir Vertrauen in den Staat, in die Institutionen und ermöglichen so dem Staat, an wichtige Informationen zu kommen. Staaten, welche Grundrechte schützen, sind international glaubwürdige Partner, und in der Bekämpfung von Terrorismus ist die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Pfeiler. Ich bin der Überzeugung, das wichtigste Mittel in der Bekämpfung von Terrorismus ist der bedingungslose Schutz der Grundrechte und die Wahrung des Rechtsstaats.


Die polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus verletzen die Grundrechte. Mit dem neuen Gesetz können aufgrund von vagen Vermutungen krasse Einschränkungen unserer Rechte und Freiheiten verfügt werden. Kontaktverbote, Eingrenzungen, Freiheitsentzug, Ausreiseverbote - alles ist möglich ohne vorangegangene Straftaten, ohne konkrete Vorbereitungshandlungen, ohne konkreten Verdacht, nur aufgrund der Einschätzung, gefährlich zu sein. Mit der im Gesetz vorgeschriebenen unklaren Definition des Gefährders gehen wir einen Schritt vor den Verdacht. Erklären Sie mir, wie das funktionieren soll! Bereits heute braucht es doch sehr wenig, bis Verdacht geschöpft wird. Man kann mit dem Nachrichtendienstgesetz bereits heute schon Personen ohne konkreten Verdacht überwachen und einschreiten, wenn es gefährlich wird.


Die stärkste im Gesetz vorgesehene Zwangsmassnahme ist der Hausarrest. Als wäre diese Grundrechtseinschränkung auf Vorrat nicht schon an sich problematisch, hat die Kommission die Vorlage zusätzlich verschärft und sieht sogar eine Präventivhaft vor. Artikel 23 würde erlauben, Personen bereits beim Aufruf zu Gewalt oder bei Zugehörigkeit zu einer Organisation, die Gewalt bezweckt, in Haft zu nehmen - notabene ohne eine Verurteilung. Diese Art des Freiheitsentzugs ist eines Rechtsstaats nicht würdig und ist nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention kompatibel.


Darauf wurden wir in der Kommission sehr deutlich aufmerksam gemacht, aber nicht nur das: Die Zwangsmassnahmen sollen bereits bei Kindern ab 12 Jahren angewendet werden. Das steht im Widerspruch zu allen Grundsätzen des Kinder- und Jugendschutzes und verletzt die Kinderrechte mehrfach. Sie wollen Kinder unter Hausarrest stellen, monatelang, ohne konkreten Verdacht, nur aufgrund der Vermutung, dass sie in Zukunft vielleicht irgendwann etwas Strafbares tun könnten. Wie weit wollen Sie denn im Namen der Terrorbekämpfung noch gehen?


Wir überschreiten hier die rote Linie. Meine Schweiz, die die Menschenrechte und den Rechtsstaat hochhält, will ein Instrument einführen, das sie selber bei anderen Ländern kritisiert. Das ist nicht nur heikel, sondern auch peinlich. Ich hoffe, dass die öffentliche Kritik der Europäischen Menschenrechtsbeauftragten und der UNO-Sonderberichterstatter in diesem Saal etwas bewegt hat.


Schauen wir doch über die Landesgrenze! Die Präventivhaft, brutale Verhörmethoden, Polizeigewalt, die Auslieferung mutmasslicher Gefährder an Länder, die die Folter kennen, haben sie einen Gewinn an Sicherheit gebracht? Oder bestärken sie nicht vielmehr die Terroristen, indem sie ihnen die Gelegenheit geben, gewisse westliche Länder der Brutalität zu beschuldigen und damit ihre eigene Brutalität herunterzuspielen? Gibt es den Terrorgruppen nicht vielmehr die Gelegenheit, sich selbst zu inszenieren als starke Gegner eines gewalttätigen Staates und so ihre Gefolgschaft zu rekrutieren? Gibt es ihnen nicht vielmehr die Gelegenheit, die Sympathie für diese Länder innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft infrage zu stellen und so die so wichtige internationale Kooperation bei der Terrorismusbekämpfung zu behindern?


Ich bin überzeugt: Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Wahrung der Grundrechte und dem Terrorismus. Den Kampf gegen Terrorismus gewinnt man nicht mit Repression, den Kampf gegen Terrorismus gewinnt man mit sozialen Massnahmen, mit Bildung, Jugendarbeit, mit internationaler Zusammenarbeit und mit dem kompromisslosen Schutz der Grundrechte und des Rechtsstaates.


Ich beantrage Ihnen Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, eine neue Vorlage auszuarbeiten. Die unklare Definition des Gefährders muss überarbeitet werden, denn weder Sie noch sonst jemand kann das Gegenteil beweisen, wenn ihr oder ihm vorgeworfen wird, potenziell gefährlich zu sein.
Ich bitte Sie, meinen Rückweisungsantrag zu unterstützen und dem Kampf gegen den Terrorismus nicht unser stärkstes Schutzschild, die Grundrechte, zu opfern!

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