(Publiziert im Zürcher Oberländer im November 2020)
Gentechnik gegen den Klimawandel?
Die Klimakrise ist eine riesige Herausforderung für die Landwirtschaft: Extremwetter wie Starkregen, Hagel, Hitzewellen und Trockenheit treten vermehrt auf; und die Kulturpflanzen sind den neuen Bedingungen nicht angepasst. Vermehrt ist zu lesen, dass es die Gentechnik sein soll, die einen Beitrag leisten könne zur Bewältigung der Folgen der Klimakrise. Wirklich?
Gentechnik in der Landwirtschaft wird als einfache Lösung verkauft. Nur ist die Natur hochkomplex, und die Landwirtschaft von heute hat viele Probleme: Monokulturen und Massentierhaltung schaden dem Klima und der Biodiversität. Dabei weiss man, dass vielfältige, intakte Ökosysteme viel besser auf Umwelteinflüsse reagieren können: Wenn man fünf verschiedene Getreidesorten anbaut, ist die Chance viel grösser, dass auch bei extremem Wetter oder Pilz- oder Schädlingsbefall einige Arten Ertrag geben. Baut man nur eine einzige gentechnisch veränderte Art an, die beispielsweise resistent gegen einen bestimmten Schädling ist, wird sich über kurz oder lang ein anderer Schädling ausbreiten. Da die industrielle Monokultur über keine natürliche, diversifizierte Schädlingsabwehr verfügt, ist sie dann quasi schutzlos ausgeliefert.
Gentechnik aber folgt der Logik der industriellen Landwirtschaft: Sie ist kurzfristige Symptombekämpfung, langfristige Auswirkungen auf die Natur werden kaum berücksichtigt. Die Risiken sind nicht abschätzbar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Veränderung in den kommenden Generationen der Pflanzen ungewollte Auswirkungen hat. Die Wechselwirkungen zwischen den Genen sind weitgehend unbekannt. Sind die veränderten Pflanzen einmal in der Natur freigesetzt, sind sie nicht mehr rückholbar und interagieren mit Insekten, Pilzen, Bakterien und Menschen.
Traditionelle Saatgutzüchtung und Auslese sind sicher und werden seit Jahrtausenden praktiziert. Sie garantieren eine grosse Artenvielfalt und Genvielfalt, und es ist genau diese Vielfalt, die die Landwirtschaft «resilient» macht und unsere Welt gesund hält.
Nein, Gentechnik bietet keine Lösungen für die grösste Herausforderung der Landwirtschaft: Nämlich, dass sie in ihrer heutigen Form nicht nachhaltig ist. Was wir brauchen, ist Agro-Ökologie, nicht Agro-Gentechnologie, nur so können wir sicher sein, dass die künftigen Generationen noch im Einklang mit der Natur Nahrungsmittel produzieren können.